Warum sind manche Katzen zutraulicher als andere? Ist die Katzenpersönlichkeit angeboren oder von der Umwelt geprägt? Die Antwort lautet: beides. Herkunft, Veranlagung, positive und negative Erfahrungen. Sie alle beeinflussen das Verhalten einer Katze. Aber kann man den Charakter einer jungen Katze voraussagen? Ein bisschen schon, wenn man die entscheidenden Faktoren kennt.
Charakterfrage 1: Das Geschlecht
Kater sind Raubeine, Kätzinnen Zicken. So lauten die bekannten Vorurteile. Tatsächlich gibt es aber einige Eigenschaften, die bei beiden Geschlechtern grundsätzlich unterschiedlich sind. So sind Kater – auch kastrierte Exemplare - häufig umtriebiger als Kätzinnen, streunen ausgiebiger und legen dabei in der Regel weitere Strecken zurück. Wenn du schlecht damit klarkommst, dass dein Freigänger gelegentlich eine Nacht oder mehrere Nächte wegbleibt, dann kannst du diesen Umstand bei der Entscheidung Kater oder Kätzin in Betracht ziehen. Kater haben ausserdem ein anderes Spielverhalten als Kätzinnen. Während Weibchen eher zu Jagdspielen neigen – das liegt in ihrer Natur als Versorgerinnen des Nachwuchses – spielen Kater eher miteinander und messen dabei ihre Kräfte. Grobheiten stecken sie dabei leichter weg.
Charakterfrage 2: Der Katzenvater
Wissenschaftler haben beobachtet, dass der Charakter des Vaters sich auch in seinem Nachwuchs wiederfindet. Da der Kater sich nicht um die Aufzucht der Jungen kümmert, liegt sein Einfluss also eindeutig in den Genen. So ist der Nachwuchs von freundlichen, zutraulichen Katern ebenfalls eher kontaktfreudig. Zurückhaltende, scheue Väter bringen hingegen auch eher schüchterne Nachkommen hervor. Der genetische Einfluss des Katzenvaters liegt bei 50 Prozent. In der Realität ist er vermutlich niedriger. Denn anders als der Katzenvater, der nur über seine Gene auf die Persönlichkeit des Nachwuchses einwirkt, beeinflusst die Mutter die Welpen auch durch ihre Erziehung und Vorbildwirkung. Die Gene des Vaters können so durch das Verhalten der Mutter überprägt werden.
Charakterfrage 3: Prägung auf den Menschen
Werden Katzen nicht bereits in ihrer frühesten Kindheit mit Menschen sozialisiert, werden sie sich später schwerer tun, ihrem Besitzer gegenüber freundlich und zutraulich zu sein. Wachsen die Katzen also zum Beispiel auf einem Bauernhof mit wenig Kontakt zu Menschen auf, wirst du es etwas schwerer haben, deine Samtpfote in einen zutraulichen und anschmiegsamen Stubentiger zu verwandeln. Das gilt auch für die Frage: Freigang oder nicht? Eine Katze, die in nahezu uneingeschränkter Freiheit aufgewachsen ist, wird immer einen Drang nach draussen verspüren. Wenn du also deine Katze ausschliesslich in der Wohnung halten möchtest, solltest du ein Jungtier suchen, das in Wohnungshaltung aufgezogen wurde.
Charakterfrage 4: Familienanschluss
Viele zukünftige Katzenhalter wünschen sich, ihr Kätzchen möglichst früh zu sich zu nehmen. Sie sind überzeugt, dass die kleine Samtpfote sich so am intensivsten an sie bindet. Doch das Gegenteil ist der Fall. Je länger eine junge Katze bei Mama und Geschwistern aufwachsen darf, desto gefestigter ist ihr Charakter. Das heisst auch: sie ist umso offener für neue Kontakte. Lässt du also dein Kätzchen möglichst lange bei seiner Familie, dann lernt es mehr soziale Kompetenz. Das erhöht deine Chance, eine selbstbewusste, ausgeglichene und stressresistente Samtpfote zu dir zu holen. Ein Umstand, der auch die Vergesellschaftung mit einer bereits im Haushalt lebenden Katze erleichtert. Idealerweise ist dein kleiner Liebling zwölf oder vierzehn Wochen alt, wenn du ihn zu Dir holst.
Charakterfrage 5: Die Katzenrasse
Dass sich der Charakter aus der Rasse ableiten lässt, legen die Erfahrungen und Beobachtungen von Züchtern und Haltern schon lange nahe. Forscher der Universität Helsinki konnten nun auch wissenschaftlich belegen, dass bestimmte Verhaltensweisen für manche Rassen typisch sind. Insgesamt wurden in der Studie 19 verschiedene Katzenrassen untersucht. Ihre Ergebnisse: Britisch Kurzhaar und Perser sind eindeutig die friedlichsten Rassen. Erstere im Umgang mit Menschen, letztere im Verhalten unter Artgenossen. Das höchste Aggressionspotenzial zeigten Türkisch Van und Angora –sowohl ihren Besitzern als auch anderen Katzen gegenüber. Besonders kontaktfreudig gegenüber Menschen traten Korat und Devon Rex auf, während die Britisch Kurzhaar in dieser Kategorie an letzter Stelle rangiert. Die insgesamt psychisch stabilste Rasse ist die Britisch und Europäisch Kurzhaar. Ganz anders als Perser oder orientalische Rassen, die am häufigsten zu Verhaltensauffälligkeiten neigen.
Unser Fazit: Jede Katze ist einzigartig. Bestimmte Grundeigenschaften lassen sich dennoch feststellen. Scheu, anhänglich, sehr aktiv oder eher geruhsam. Manches lässt sich durch das Umfeld und die Erziehung beeinflussen. Vieles aber nicht. Die Fragen, warum deine Samtpfote so ist, wie sie ist, bleibt spannend. Wenn du gerade vor dem aufregenden Moment stehst, eine neue Katze zu dir zu nehmen, dann kennst du jetzt einige Faktoren, die du bei der Auswahl deines Lieblings in Betracht ziehen kannst.